Eine introvertierte Christin

Ich war schon immer eine eher ruhige Person. Nein, ich war nie die Einzelgängerin, sondern immer das Kind, das im Klassenzimmer gerne etwas für sich machte. Auch heute noch ziehe ich ruhigere Aktivitäten, wie z.B. schreiben oder mit einer Freundin Kaffee trinken, den wilden Abendeutern vor. 

Ehrlich gesagt brauchte ich Jahre, um meine introvertierte Persönlichkeit zu akzeptieren. Die coolen Kinder in der Schule waren nämlich immer die extrovertierten. Zudem gibt es ruhigen Menschen gegenüber viele Vorurteile. Viele denken wir seien schüchtern, verurteilend und haben nicht gerne Gesellschaft. Jedoch brauchen wir einfach mehr Zeit alleine, um neue Energie zu tanken. 

Als ich gläubig wurde, dachte ich, ein Christ sollte kommunikativ sein und immer lächeln. Zu dieser Zeit hatte ich gerade meine Lehre beendet und kam in eine neue Klasse, um die Berufsmatura zu absolvieren. Ich entschied mich kurzerhand dazu, von nun an extrovertiert zu sein. Ich bemühte mich darum, mit so vielen Klassenkameraden wie möglich befreundet zu sein. Mit allen zu reden und immer zu lächeln wurde für mich zum Alltag.

Es war total ermüdend! 😂 Aber um ehrlich zu sein, wusste ich es einfach nicht besser. Jeden Morgen auf dem Schulweg fühlte ich mich so unecht und fehl am Platz. Ich dachte aber, ein Christ müsste so sein und es wäre meine Aufgabe, mir mehr Extraversion anzutrainieren. Gott hat mir aber offenbart, dass ich die Sache ganz falsch anging. Die Wahrheit war nämlich, dass ich mich für meine introvertierte Persönlichkeit schämte. 

Scham sagt uns, dass wir vor anderen Menschen eine Maske tragen müssen. Wir sollten ‚mehr‘ und ‚besser‘ sein. Sie veranlasst uns dazu, Menschen zu gefallen. Wir denken, wir müssten uns auf eine gewisse Art und Weise verhalten, damit andere uns mögen würden. Während wir uns darauf fokussieren, was andere denken und unser Leben darauf ausrichten, verpassen wir Gottes Willen für unser Leben. Das Evangelium aber versichert uns, dass wir frei sind von Scham. Wie können wir in dieser Freiheit leben? 

Indem wir mit der Hilfe des Heiligen Geistes unser Denken verändern.

Indem wir wissen, dass Gott uns liebt.

Indem wir erkennen, dass wir durch Christus neue Menschen sind. 

Indem wir realisieren, dass Gottes Meinung über uns die einzige ist, die ewig bestehen wird.

Indem wir es zu lassen, dass Gott unsere Unsicherheiten ans Licht bringt.

Indem wir unsere Sünden bekennen und Vergebung empfangen.

Indem wir uns nicht mehr darum kümmern, was andere über uns denken.

Indem wir in das Leben eintreten, das Gott für uns gedacht hat. 

Vor ungefähr 5 Jahren habe ich aufgehört, mich wie eine extrovertierte Person zu verhalten. Heute bin ich total im Reinen damit, von ruhigerer Natur zu sein. Ich erkenne, wie wunderbar Gott mich gemacht hat, und ich setze meine Stärken und Gaben ein, die er mir gegeben hat. Es war ein Prozess, aber heute versuche ich nicht mehr, meine introvertierte Persönlichkeit zu verstecken.

Unsicherheiten nehmen viele Formen an. Eine ruhige Person zu sein einer Welt, die vor allem auf laute Stimmen hört, war eine meiner grössten Unsicherheiten. Wir alle kämpfen mit Minderwertigkeitsgefühlen in verschiedenen Zeiten unseres Lebens. Aber die gute Neuigkeit ist, dass Gott unsere Herzen heilen möchte. 

Womit auch immer du gerade kämpfst, leg es in Gottes Hand und lass ihn dir helfen. Veränderung ist immer ein Prozess: Lass los, was du loslassen sollst. Vergib den Menschen, die dich verletzt haben. Folge dem, was Gott dir aufs Herz legt, und gehorche ihm. Lass die Veränderung zu, die Gott in deinem Innern bewirken möchte und du wirst mehr und mehr von der Freiheit erfahren, die du in Christus schon lange hast.

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